Aktuelle BFH-Entscheidungen zum Begriff der ersten Tätigkeitsstätte für Piloten, Flugbegleiter, Luftsicherheitskräfte und Polizeibeamte im Streifendienst

Der BFH hat inzwischen für einige Berufsgruppen die Frage entschieden, ob eine erste Tätigkeitsstätte vorliegt oder nicht. Auswirkungen hat dies vor allem für die steuerliche Geltendmachung von Fahrtkosten, da beim Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte nur die einfache Strecke als Werbungskosten anerkannt werden.

Voraussetzungen für eine erste Tätigkeitsstätte

Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung wird insbesondere durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen, Absprachen und Weisungen bestimmt. Von einer dauerhaften Zuordnung ist insbesondere auszugehen, wenn der Arbeitnehmer unbefristet, für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus an einer solchen Tätigkeitsstätte tätig werden soll.

Qualitativer Schwerpunkt nicht mehr entscheidend

Liegt die Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte arbeitsrechtlich vor, kommt es auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, nach neuer Rechtslage nicht mehr an. Wie auch die Finanzverwaltung geht der BFH davon aus, dass erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören.

Fliegendes Personal (Piloten und Flugbegleiter)

Anhand dieser Grundsätze ist der BFH (Urteil v. 11.4.2019, VI R 40/) zu dem Ergebnis gekommen, dass das fliegende Personal (Piloten, Flugbegleiter), welches arbeitsrechtlich einem Flughafen dauerhaft zugeordnet ist und auf dem Flughafengelände zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbringt, dort seine erste Tätigkeitsstätte hat.

Bei Piloten ist es demnach bereits ausreichend, wenn diese vor jedem Abflug an einem Briefing der Flugbesatzung teilnehmen, die Wettermeldungen zu überprüfen, und alle notwendigen Unterlagen und Informationen zur Durchführung des Fluges prüfen, sich mit dem technischen Status des Flugzeugs vertraut gemacht wird und die Abflugdaten zu errechnen. Damit ist dem Erfordernis des geringen Umfangs genüge getan. Ob dies auch für die Vorbereitungen eines Flugbegleiters oder einer Flugbegleiterin vor dem Flug gilt, war nicht Teil dieser Entscheidung, da es sich bei der Klägerin um eine als First Officer (Copilotin) tätige und ausschließlich im internationalen Flugverkehr eingesetzte Arbeitnehmerin gehandelt hat.

Polizeibeamter im Streifendienst

Auch für einen Polizeibeamten im Streifendienst hat der BFH (Urteil v. 4.4.2019, VI R 27/17) entschieden, dass auch diese Berufsgruppe an ihrer Dienststelle eine erste Tätigkeitsstätte begründet. Hier gehören zu den Aufgaben an der Dienststelle u. a. die Teilnahme an den Dienstantritts- oder allgemeinen Einsatzbesprechungen, Schichtübernahme oder -übergabe und insbesondere die Erledigung der Schreibarbeiten, wie das Verfassen von Protokollen, Streifen-, Einsatz- oder Unfallberichten.

Luftsicherheitskontrollkraft

Da als erste Tätigkeitsstätte auch ein großflächiges und entsprechend infrastrukturell erschlossenes Gebiet als großräumige erste Tätigkeitsstätte in Betracht kommt, hat auch eine Luftsicherheitskontrollkraft auf dem Flughafengelände seine erste Tätigkeitsstätte (BFH, Urteil v. 11.4.2019, VI R 12/17).

PBS-Handlungsempfehlung:

Sofern hier noch schwebende Veranlagungen und ruhende Einspruchsverfahren bestehen, sollten diese aufgrund der eindeutigen BFH-Entscheidung hinsichtlich der Geltendmachung von Werbungskosten nach Reisekostenrecht zurückgenommen werden.

Kategorie(n): News Steuern