Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft kann als ständiger Vertreter eine Betriebsstätte im Sinne des § 13 AO sein – Änderung der bisherigen Praxis durch den Bundesfinanzhof (BFH).
Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft kann ständiger Vertreter sein im Sinne des § 13 AO und somit eine beschränkte Körperschaftsteuerpflicht des ausländischen Unternehmens auslösen, selbst wenn dieses im Inland keine Betriebsstätte unterhält.
Der BFH (BFH, Urteil v. 23.10.2018, I R 54/16) entschied mit seiner am 17.04.2019 veröffentlichten Entscheidung eine Rechtsfrage, die bislang von der Finanzverwaltung anders beurteilt wurde. Im Ergebnis soll nun auch ein Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft, ein ständiger Vertreter sein können. Es entsteht eine steuerliche Betriebsstätte der Gesellschaft im Wohnsitzstaat des Geschäftsführers. Die Gesellschaft unterliegt damit der beschränkten Steuerpflicht, mit der Folge, dass Gewinnermittlung, Abgabe von Steuererklärungen und weitere Pflichten in Deutschland zu erfüllen sind. Es besteht in diesen Fällen stets auch die Gefahr einer doppelten Besteuerung oder die Notwendigkeit eines internationalen Verständigungsverfahrens, da nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass die ausländische Finanzverwaltung die Rechtsauffassung der deutschen Finanzverwaltung teilt.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass nicht jeder ausländische Geschäftsführer, der in Deutschland aktiv wird, sofort als ständiger Vertreter anzusehen ist. Vielmehr muss die Person die Geschäfte nachhaltig im Inland besorgen und dabei den Weisungen der Gesellschaft unterliegen.
Liegen bei Ihnen Wohnsitz eines Geschäftsführers und der Sitz der Gesellschaft in unterschiedlichen Ländern, konnte dies bereits früher und vor dem Urteil aufgrund der Betriebsstättendefinition des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens zu einer (beschränkten) Steuerpflicht im Wohnsitzstaat begründen, wenn hier aufgrund der faktischen Umstände die Geschäftsleitung ausgeübt worden ist (Geschäftsleitungsbetriebsstätte). Das Urteil erweitert nunmehr den Anknüpfungspunkt für die Finanzverwaltung. Es wird aber aus unserer Sicht vor allem auch zu einer erhöhten Sensibilität in zukünftigen Betriebsprüfungen führen, derartige Sachverhalte unter den genannten Aspekten unter die Lupe nehmen.
PBS Handlungsempfehlung:
Im Ergebnis muss bei einer solchen Konstellation eine genaue Erfassung und Dokumentation der Aufenthalte des Geschäftsführers und dessen Tätigkeiten erfolgen, um - wenn möglich – nachweisen zu können, dass die Geschäftsführertätigkeit im Wohnsitzstaat eher untergeordneter Natur ist und zumindest nicht nachhaltig ausgeübt wird. Wenn die tatsächlichen Umstände dies nicht zulassen, weil der Geschäftsführer in seinem Wohnsitzstaat nachhaltig für die Gesellschaft aktiv ist und diese dort vertritt, empfehlen wir einen proaktiven Ansatz und eine Anmeldung der steuerlichen Betriebsstätte im Wohnsitzstaat. Die Betriebsstätte sollte dann von Anfang an eine entsprechende Berücksichtigung und Dokumentation in der Buchhaltung der Gesellschaft finden. Hier sind bestimmte Maßnahmen erforderlich, die nicht mehr möglich wären, wenn eine rückwirkende Korrektur durch die Betriebsprüfung für mehrere Jahre vorgenommen wird!
Das Urteil muss aus unserer Sicht aber unbedingt auch umgekehrt gelesen werden: Bestehen inländische Tochtergesellschaften von ausländischen Unternehmen in Deutschland, bei denen Geschäftsführer mit Wohnsitz und Aufenthalt im Ausland eingesetzt sind, kann dies zu einer Steuerpflicht der deutschen Gesellschaft im Ausland führen.