Spezialthema Erbschaftsteuer: BFH versagt Steuerbefreiung beim Familienheim
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, inwiefern die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienwohnheim verloren geht, wenn das Eigentum an der Immobilie aufgegeben wird (BFH, Urteil v. 11.7.2019, II R 38/16; veröffentlicht am 28.11.2019).
Steuerbefreiung des Familienheims
Das sogenannten „Familienheim“ ist bei der Erbschaftsteuer steuerbefreit, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
Der Erblasser muss die Immobilie bis zum Erbfall als eigene Wohnung genutzt haben (Ausnahme: Dieser war aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert). Der erbende Ehegatte muss die Immobilie weiter als Familienheim, also zu eigenen Wohnzwecken, nutzen. Bei erbenden Kinder gilt, dass diese unverzüglich in die geerbte Immobilie einziehen und diese dann selbst als Familienwohnheim nutzen müssen (nach derzeitiger Rspr. innerhalb von sechs Monaten). Hier gilt die Steuerbefreiung nur für das Kind, welches in das Familienwohnheim einzieht. Die Wohnfläche darf maximal 200 m2 betragen.
Nachträglicher Wegfall der Steuerbefreiung
Die gewährte Steuerbefreiung für das genutzte Familienwohnheim fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt (sog. Nachversteuerungstatbestand). Dies gilt nur in Ausnahmefällen nicht, wenn aus zwingenden Gründen die Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht mehr ausgeübt werden kann (z.B. Krankenhausaufenthalte oder Heimunterbringung).
Eine Übertragung des geerbten Familienheims unter Nießbrauchvorbehalt ist auch bei Weiternutzung zu Wohnzwecken schädlich
Der Nachversteuerungstatbestand greift nach diesem Urteil auch in Fällen, in denen der Erwerber das Familienheim zwar weiterhin bewohnt, das Eigentum daran aber innerhalb der genannten Frist auf einen Dritten übertragen hat. Dies gilt nach diesem Urteil auch dann, wenn das Eigentum unentgeltlich unter Vorbehalt des lebenslangen Nießbrauchs übertragen und die Immobilie weiterhin bewohnt bleibt! Der Wortlaut des Gesetzes ist zwar insofern nicht eindeutig, als er nicht ausdrücklich die Hergabe des Eigentums voraussetzt. Der Nachversteuerungstatbestand knüpft jedoch nach Ansicht des BFH direkt an den steuerfreien Erwerb an, sodass das Eigentum oder Miteigentum für 10 Jahre beibehalten werden muss, um den nachträglicher Wegfall der Steuerbefreiung zu vermeiden.
Der BFH schließt sich der Verwaltungsauffassung an
Für die Konstellation des Streitfalls werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Der BFH bekräftigt die Auffassung der Verwaltung und sieht in der Weiterübertragung des Familienheims unter Nutzungsvorbehalt einen Verstoß gegen den Nachversteuerungsvorbehalt. Sowohl die Nutzung als auch die Eigentümerstellung des überlebenden Ehegatten/Lebenspartners müssen während des Zehnjahreszeitraums bestehen bleiben.
PBS Fazit:
Das BFH-Urteil schränkt die Verfügungsmöglichkeiten und Gestaltungsfreiheiten des überlebenden Ehegatten ein, der zuvor durch die Steuerbefreiung des Familienheims begünstigt worden ist. Eine weitere Gestaltung in Form der vorweggenommenen Vermögensübertragung an die Kinder unter Nießbrauchvorbehalt scheidet zukünftig wohl aus. Umso wichtiger erscheint es, bereits zu Lebzeiten beider Elternteile eine gemeinsame Vermögensnachfolgeplanung anzugehen, sollte das gemeinsame Vermögen die üblichen Freibeträge – auch unter Einbeziehung der hier gegenständlichen Befreiung für das Familienheim – übersteigen. In der Praxis gilt es häufig, ein vorhandenes Berliner-Testament aus steuerlichen Gründen nochmal zu überdenken, da hier die Freibeträge der Kinder gegenüber dem zuerst versterbenden Elternteil ungenutzt bleiben.
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