Aus unserem Spezialgebiet Internationales Steuerrecht: Neues Außensteuergesetz ab 2020
Gesetzentwurf zum Außensteuergesetz 2019 nicht mehr verabschiedet
Der deutsche Steuergesetzgeber hatte beabsichtigt, uns ein neues Außensteuergesetz bereits unter den Weihnachtsbaum zu legen und welches dann am 01.01.2020 in Kraft treten sollte. Das Bundesfinanzministerium hat mit Datum vom 10. Dezember 2019 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD) veröffentlicht. Der Entwurf sollte dann am 18.12.2019 in der letzten Kabinettssitzung 2019 verabschiedet werden, wurde jedoch kurzfristig von der Tagesordnung der Kabinettssitzung genommen. Es wird aber damit gerechnet, dass das Gesetzgebungsverfahren gleich zu Beginn des Jahres 2020 wiederaufgenommen wird.
Da einige der geplanten Gesetzesänderungen eine durchaus grundlegende Reformierung des deutschen Außensteuerrechts darstellen, lohnt sich bereits vor der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes ein Blick auf die geplanten Änderungen des Außensteuergesetzes zu werfen und insbesondere sich Gedanken über den Zeitpunkt des in Krafttretens zu machen.
Reform der Hinzurechnungsbesteuerung
Im Hinblick auf die Reform der Hinzurechnungsbesteuerung werden erhebliche Änderungen vorgesehen:
- Qualifizierende Beteiligung statt Inländerbeherrschung
Es kommt zukünftig auf eine „Beherrschung″ der ausländischen Gesellschaft durch einen unbeschränkt Steuerpflichtigen an. Eine Beherrschung ist nach dem neuen Konzept gegeben, wenn dem inländischen Steuerpflichtigen mittelbar oder unmittelbar mehr als 50% (1) der Stimmrechte oder (2) der Anteile am Nennkapital oder (3) des Gewinns oder des Liquidationserlöses, allein oder zusammen mit sog. nahestehenden Personen zusteht. Wegen der Ausdehnung auf mittelbare Beherrschungsverhältnisse entfällt der Bedarf für eine Regelung zu nachgeschalteten Zwischengesellschaften (bisher § 14 AStG).
- Weiterhin Aktivkatalog
Ungeachtet des in der ATAD eigentlich vorgesehenen Passivkatalogs, soll es im AStG im Grundsatz bei einem positiven Katalog aktiver Einkünfte bleiben. Wichtig wird hier zukünftig, dass Portfoliodividenden nach dem Entwurf keine aktiven Einkünfte sind. Gleiches gilt für eine im Ausland nicht korrigierte verdeckte Gewinnausschüttung. Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften gehören aber grundsätzlich weiter zu den aktiven Einkünften.
- Verschärfung der Escape-Klausel
Die Anforderungen der Escape-Klausel werden auch im EU-Fall verschärft, in dem auf eine „wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit″ der ausländischen Gesellschaft abgestellt wird, die durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden muss. Eine Auslagerung an Dritte kann dabei schädlich sein. Daher wird zukünftig die Schaffung von deutlich mehr Substanz im anderen Land notwendig werden – auch in EU-Fällen -, um eine Hinzurechnungsbesteuerung rechtssicher zu vermeiden.
- Niedrigsteuergrenze unverändert
Der Entwurf enthält trotz von vielen Seiten geäußerter Kritik keine Anpassung des allgemein als zu hoch angesehenen Grenze von 25% für die Annahme einer Niedrigbesteuerung. Die erhoffte und geforderte deutliche Absenkung ist damit bisher leider ausgeblieben.
- Volle Steuerpflicht der Erträge
Der Hinzurechnungsbetrag wird grundsätzlich wie eine Dividende behandelt, ist jedoch voll steuerpflichtig (§ 3 Nr. 40 S. 1 d EStG bzw. § 8b KStG findet keine Anwendung!). Bei Anlegern, die die Anteile im Privatvermögen halten, unterliegen die Einkünfte dem persönlichen Einkommensteuersatz.
- Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages
Der Hinzurechnungsbetrag soll zukünftig immer im Wege des Betriebsvermögensvergleichs ermittelt werden. Die in der Praxis auch aus Vereinfachungsgründen – nicht selten genutzte Möglichkeit der Ermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung entfällt zukünftig.
- Kürzungsbetrag bei Gewinnausschüttungen
Im Fall von Ausschüttungen der Zwischengesellschaft können die Hinzurechnungsbeträge bei der Summe der Einkünfte gekürzt werden. Zudem wird eine Anrechnung ausländischer Quellensteuer auf Gewinnausschüttungen in bestimmten Fällen ermöglicht.
- Vorrang der Investmentbesteuerung entfällt
Der Vorrang der Regelungen des Investmentsteuergesetzes vor dem Außensteuergesetz wird aufgehoben (bisher § 7 Abs. 7 AStG). Damit unterliegen Fondsinvestments – anders als bisher – potentiell der Hinzurechnungsbesteuerung.
Reform der Entstrickungs-/Wegzugsbesteuerung
Die Entstrickungs- beziehungsweise Wegzugsbesteuerung im privaten Bereich wird deutlich verschärft:
- Realisationstatbestände
Erfasst sind weiterhin bestimmte Realisationstatbestände im Hinblick auf Anteile an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen, die zu einem Wegfall bzw. Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts führen. Hierzu zählen neben dem Wegzug die unentgeltliche Übertragung auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen, sowie anderweitige Beschränkungen des deutschen Besteuerungsrechts (z.B. Wechsel der Ansässigkeit für Abkommenszwecke).
- Persönlicher Anwendungsbereich
Der persönliche Anwendungsbereich für die Hinzurechnungsbesteuerung wird jedoch deutlich erweitert: künftig sind hiervon natürliche Personen erfasst, die insgesamt sieben Jahre (bisher zehn) in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren. Hierbei wird jedoch der Betrachtungszeitraum auf zwölf Jahre vor Wegzug begrenzt.
- Erweiterung der Rückkehrregelung
Die Rückkehrregelung, nach der die Steuerpflicht bei Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht unter bestimmten Voraussetzungen rückwirkend entfällt, wird ebenfalls erweitert. Künftig beträgt der Rückzugszeitraum für den nachträglichen Wegfall der Steuerpflicht sieben Jahre (statt bisher fünf). Hierbei ist eine einmalige Verlängerung um weitere fünf Jahre auf insgesamt zwölf Jahre möglich. Anders als bisher ist für eine Verlängerung des Rückzugszeitraumes eine Glaubhaftmachung der Rückkehrabsicht bzw. des Vorliegens beruflicher Gründe für die Abwesenheit nicht mehr erforderlich. Es genügt lediglich die Absicht zur Rückkehr und eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für diese. Für die Anwendung der Regelung ist jedoch die Einhaltung bestimmter „Behaltensregelungen″ erforderlich.
- Wegfall der zinslosen Stundung im EU/EWR-Staaten-Fall
Die Möglichkeit zur zinslosen Stundung der Steuer bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung bei Wegzug in einen EU/EWR Staat entfällt künftig. Stattdessen wird eine einheitliche Stundungsmöglichkeit eingeführt.
Anpassungen beim Fremdvergleichsgrundsatz
Daneben sieht der Entwurf zahlreiche Anpassungen/Verschärfungen im Bereich der Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen und der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes vor, die wir in einem eigenen PBS-BLOG noch gesondert erläutern möchten.
Inkrafttreten rückwirkend zum 1. Januar 2020?
Bisher war ein Inkrafttreten bereits zum 1. Januar 2020 vorgesehen, was bei einer späteren Verabschiedung nun nur noch mit rückwirkender Kraft möglich ist. Ob hieran festgehalten wird, ist derzeit unklar, insbesondere im Hinblick auf die Wegzugsbesteuerung und damit verbundenen Unsicherheiten erscheint dies doch bedenklich.
PBS-Fazit:
Es ist die erwartete und sehr weitgehende Reform des deutschen Außensteuergesetzes. Insbesondere auf dem Gebiet der Hinzurechnungsbesteuerung sind erhebliche Änderungen vorgesehen. Es bleibt daher zu hoffen, dass durch die Nichtverabschiedung 2019 noch einige Änderungen des Entwurfes vorgenommen, sozusagen eine „Reform der Reform″, welche die zahlreichen Kritikpunkte berücksichtigt. Zudem ist zu hoffen, dass eine Rückwirkung zum 01.01.2020 nicht kommt, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden.
Gern halten wir Sie über die laufende Entwicklung des Gesetzgebungsverfahrens und die endgültige Fassung auf dem Laufenden.
Mehr zu unserem Spezialgebiet „Internationale Steuerberatung“ finden Sie hier.